Nach gut einem Monat melde ich mich mit einem Update zurück in die Zivilisation. Wo ich gerade stecke? In Mitten einem Flugmarathon zwischen Australien und Neuseeland. Ursprünglich war der Plan von Perth nach Melbourne zu fliegen, um von dort aus nach Christchurch, Neuseeland weiterzufliegen. Da mein Flug jedoch storniert wurde und die Airline mich stattdessen quer durchs Land von Perth über Cairns nach Melbourne schickt, habe ich jetzt ein bisschen Zeit, ein bisschen was zu den letzten Wochen zu schreiben.
Ob ich ein Monat lang auf Bali abgehangen habe? Nein, ich habe habe es endlich nach Lombok geschafft!! Aber alles der Reihe nach...
Nach meinem viertägigen Verwöhnprogramm auf Bali, bin ich Ende August auf die muslimische Nachbarinsel Lombok gereist. Seit Jahren will ich nach Lombok, bin jedoch immer auf Bali hängen geblieben und hatte letztendlich keine Zeit mehr.
Nun war es endlich so weit und ich muss sagen, ich habe mich verguckt. Verguckt in die Insel, die Strände, die Vielfältigkeit der Natur, die Menschen, das Essen und vor allem die Gelassenheit, die das Leben & den Alltag hier prägen und es geschafft hat, mich innerhalb von wenigen Tagen runterzuholen und einfach mal das komplette Tempo aus meinem Reisealltag herauszunehmen. Genau das habe ich gebraucht. Einen Ort an dem ich abschalten kann, in den Tag hineinleben und die letzten Monate verarbeiten kann. Einen Ort an dem ich seit fast einem Jahr endlich wieder surfen und Kraft für neue Abenteuer sammeln kann. Oh und da ist noch etwas, in das ich mich verguckt habe: das Roller Fahren.
Richtig gelesen, der Schisser, der ungerne Auto fährt, bis vor kurzem noch panische Angst vor dem Fahren im Linksverkehr hatte und im Leben noch keinen Roller selbst gefahren ist, düst jetzt mit voller Leidenschaft durch Lombok. Der Roller ist nämlich auf Lombok ein absolutes Must-Have - andernfalls bist du aufgeschmissen. Das musste ich am eigenen Leib erfahren.
Um das zu verstehen, versuche ich dir aber erst einmal ein Bild von Lombok zu machen.
Ganz wichtig: Lombok ist nicht Bali. Man spürt sofort die die unterschiedlichen Glaubensrichtungen der Inseln und wie diese den Alltag bestimmen. Balis Bild, überwiegend hinduistisch, ist durch die Tempel und die unzähligen Opfergaben bestimmt, die die ganze Insel schmücken. Lombok hingegen ist muslimisch geprägt. Hier findest du in jedem noch so kleinen Dorf prunkvolle Moscheen und die Gesänge vom Muezzin begleiten dich durch den Tag... und auch durch die Nacht. Abgesehen davon, ist Lombok (noch) viel weniger touristisch und auch die Infrastruktur ist noch nicht auf den Massentourismus ausgelegt. Man kann noch über die Straße laufen, ohne dass einem 1.586.795 Menschen irgendetwas verkaufen wollen und es scheint als ticken die Uhren hier noch anders. Mein Hostel Besitzer sagte mir am ersten Tag, dass in Lombok jeden Tag Sonntag wäre. Und ja, genauso fühlt es sich an. Jeder lebt hier getreu dem Motto "kommste heute nicht, kommste Morgen" - das perfekte Umfeld um herunterzukommen. Der Großteil der Insel ist noch fest in lokaler Hand und auf unseren Erkundungstouren auf der Insel waren wir oft die einzigen Touristen. Lediglich Kuta, im Süden von Lombok, ist auf Touristen eingestellt - aber trotzdem - kein Vergleich zu Bali. Es gibt keine Hotelhochburgen, kaum Taxi Dienste oder Transportmöglichkeiten, dafür aber viele kleine Warungs (lokale Restaurants) und nur wenige fancy und überteuerte Restaurants, die von westlichen Inhabern geführt werden. Dies macht sich auch in meiner Reisekasse bemerkbar. Wenn ich essen gehe, zahle ich im Durchschnitt 2 Euro pro Mahlzeit und für mein Hostel zahle ich 5 Euro pro Nacht - inkl. Frühstück. Zwischendurch gönne ich mir den besten Donut den du dir vorstellen kannst, für 50 cent. Achtung Reisetipp für Kuta, Lombok: Buche dir eine Nacht im Bale Hostel - ein kleines, super familiäres und soziales Hostel. Es ist einfach, aber sauber, zentral, hat den nettesten Inhaber überhaupt und Mangobäume, von denen wir zwischendurch immer frische Mangos abstauben. Jeder bucht hier für eine Nacht und bleibt gefühlt für immer. Ich habe tatsächlich hier fast den kompletten September verbracht und die coolsten Leute kennengelernt.
Was ich die ganze Zeit so getrieben habe? Tendenziell nicht so viel. Chillen, surfen, essen und schlafen. Sagte ich schon chillen? Oh und mein neues Hobby ausführen - Roller fahren.
Wie bereits anfangs erwähnt, ist man auf Lombok ohne Roller aufgeschmissen. Es gibt keine Roller Taxis wie auf Bali, daher kannst du entweder zu Fuß gehen oder dir ein normales Auto Taxi bestellen, was teuer ist und aufgrund der Straßenbegebenheiten auch nicht garantiert werden kann, dass du zum Ziel kommst. In meiner Reisevorbereitung habe ich zwar von der Situation auf Lombok gelesen, war mir jedoch weiterhin unsicher, ob ich mir überhaupt einen Roller ausleihen werde. Ich wusste ja gar nicht wie. Ohne Witz, ich hatte vor Lombok keine Ahnung wie so ein Ding angeht bzw. wie man das fährt. Eventuell hat auch ein kleiner Teil in mir gehofft, einfach immer mit anderen mitfahren zu können.
Das funktionierte auch bis zum dritten Tag. Doch dann kam alles anders: Wir waren eigentlich abends mit ein paar Leuten zum Sonnenuntergang auf einem Hügel verabredet. Der Spot: Bukit Merese, ca. 20 min Fahrt vom Hostel entfernt; das Problem: wir waren den Nachmittag über alle getrennt unterwegs und dann sagte mir einer nach dem anderen "lass uns doch dort treffen"... Mist - was nun? Ok, da muss ich jetzt wohl durch. Vielleicht ist das der berühmte kalte Wasser Moment. Gut, dass ich am Morgen noch eine 5-minütige Fahrstunde von meinem Zimmergenossen Niklas hatte. An dieser Stelle nochmal Danke, Niklas!! Wie sich herausstellte, hatte der Hostelbesitzer zu dem Zeitpunkt jedoch keine Roller mehr übrig und fand den Gedanken, mir als einen Anfänger einen seiner Roller zu geben auch nicht so prickelnd. Aus Verzweiflung öffnete ich die Taxi App, die ich immer auf Bali nutzte - vielleicht gibts ja doch nen Fahrer. Nach mehreren Versuchen und 15 Min Wartezeit realisierte ich, hier gibt es wirklich kein Taxi. Was nun: Kennt der Hostelbesitzer keinen, der mich da kurz auf diesen Kack Berg fahren kann? Oder er selbst? Der Druck von den anderen stieg immer weiter. "wir können dich auf dem Rückweg mitnehmen, du musst nur ein Taxi finden". Ich war schon kurz davor, den Sonnenuntergang abzusagen, aber die Angst etwas zu verpassen, war natürlich größer. Also weiter mit der wilden Taxi Suche. Letztendlich quatschte der Hostelbesitzer einen 12 jährigen Nachbarsjungen an, der mich auf den Berg fahren sollte. Und während sich die alte, weiße Tante auf dem Roller eines 12 jährigen über die Insel kutschieren lies und sämtliche Blicke von den Locals erntete, wurde mir klar: JUNG, morgen lernst du Roller fahren!!!!
Als ich abends vom Sonnenuntergang zurück kam, reservierte ich mir direkt einen Roller für den nächsten Tag - einen kleinen, mit weniger PS - aber hey, das ist doch schon mal ein erster Schritt.
PS.: der Sonnenuntergang war übrigens mega schön und den Stress absolut wert.
Und am nächsten Tag war es dann tatsächlich so weit. Dieser Tag prägte tatsächlich ein bisschen meine Lombok Zeit und bekommt daher zeitnah noch einen eigenen Beitrag im Blog. Hier schon einmal ein kleiner Spoiler: Meine erste Roller Tour wurde ungeplant ein 10 Stunden Trip, der mich offiziell als Fahrerin zertifiziert...für ALLES: Landstraße, Highway, Serpentinen, Dunkelheit, 10 - 90 Grad Steigungen, Offroad, Baustellen und das alles zwischen Affen, Hunden und Hühnern auf der Fahrbahn - quasi von 0 auf 100!! Und sowohl der Roller, als auch ich sind noch ganz. Wir sind sogar ein eingespieltes Team!
Am Ende meiner Lombok Zeit übernehme ich sogar die Navigation auf dem ein oder anderen Roadtrip und führe unsere Gruppe sicher als Ziel. Hahaha wer hätte das vor 3 Wochen noch gedacht.
À propos unsere Gruppe. Die war ein weiteres Highlight meiner Lombok Zeit. Die Leute, die ich im Bale Hostel kennengelernt habe, habe ich gefühlt 24/7 um mich herum gehabt und haben diesen Trip echt zu etwas besonderem gemacht. Egal ob unsere gemeinsamen Erkundungstouren über die Insel, Surfsessions, Beachdays, Abendessen, Shopping mit meinem Lieblingsmitbewohner Max, Donut Abenteuer oder einfach das gemeinsame Abhängen im Hostel prägen meine Lombok Zeit.
Oh und natürlich unser Secret Gili Island Camping Trip. Hier sind wir mit 11 Leute aus dem Hostel zuerst schnorcheln gewesen und haben dann am Ende auf einer kleinen Mini Insel südwestlich von Lombok übernachtet. Inklusive Sonnenuntergang, Lagerfeuer, Beachvolleyball, Beach Party und Hangover am nächsten Tag.
Und hier sieht man wieder, wie aus Fremden eine kleine Familie werden kann. Die Bale Family. Bale heißt übrigens zu Hause auf indonesisch. Kein Wunder, dass man fast einen ganzen Monat im selben Hostel abhängt. Ich wollte eigentlich in noch zwei andere Hostel wechseln, die mir empfohlen wurden. Kann ja nicht schaden auch mal was anderes zu sehen... Was aus den Buchungen wurde? Alle storniert. Ich konnte dieses Hostel einfach nicht verlassen.
Ich könnte dir hier noch stundenlang weitere Lombok Stories erzählen. Über das gute Essen in Lombok, über die schöne grüne Landschaft rund um Tetebatu und die Berge, über die Gartentour, die wir in den Bergen gemacht haben, über Snacks wie frittierte Bananen, die man für umgerechnet 10 cent am Straßenrand bekommt, über einheimische, die uns winkend begrüßen, wenn man durch die weniger touristischen Ecken Lomboks fährt, über witzige Strandverkäufer, Rippenprellungen, ultragute Google Maps Routen oder die wohl schlechtesten Surflehrer der Welt. Aber ein bisschen muss ich ja noch für die Stories aufsparen, die ich erzähle, wenn ich dich wieder sehe, oder? Mein Fazit zu Lombok? Ein kleiner Traum. Ich hoffe sehr, dass der Tourismus hier nicht einschlägt wie in Bali... oder sich wenigstens noch ein paar Jahrzehnte Zeit lässt. Lombok, ich komme wieder.
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